vendredi 28 juin 2019

Peter von Heydebreck


  1. Hans Adam von Heydebreck
     
    Hans Adam Otto von Heydebreck, genannt Peter von Heydebreck und Hans Peter von Heydebreck, (* 1. Juli 1889 in Köslin; † 30. Juni 1934 in München) war ein deutscher Freikorpsführer, später Politiker (NSDAP) und SA-Führer.

    Leben und Wirken

    Herkunft

    Hans Adam von Heydebreck war der zweite Sohn des preußischen Generalmajors Otto Ernst von Heydebreck (* 15. März 1859 in Parnow; † 7. April 1917 in Dresden) und seiner Ehefrau Edda von Blankenburg (1863–1944). Sein jüngerer Bruder war der Journalist Otto von Heydebreck.

    Jugend, Erster Weltkrieg und Nachkriegszeit

    In seiner Jugend wurde Heydebreck zur Erziehung in die Kadettenkorps in Köslin und Lichterfelde gegeben. Anschließend trat er in die Preußische Armee ein und kam zum 2. Schlesischen Jäger-Bataillon Nr. 6 nach Oels. Dort erfolgte am 19. Juni 1908 seine Beförderung zum Leutnant. Als solcher nahm er mit seinem Bataillon am Ersten Weltkrieg teil. Wenige Wochen nach Kriegsbeginn, am 26. September 1914, erlitt er beim Sturm auf eine französische Barrikadenstellung im Argonnerwald eine Schussverletzung aus kurzer Entfernung, wobei sein linker Oberarmknochen zerschmettert wurde. Infolgedessen musste sein linker Oberarm amputiert werden.[1] Später wurde immer wieder fälschlich angenommen, dass Heydebreck den Arm erst bei Freikorpskämpfen nach dem Krieg verloren hatte.[2] Da der Armstumpf „brandig“ wurde, mussten später immer wieder weitere „Scheiben“ des Armes abgetrennt werden.[3]
    Nach längeren Lazarettaufenthalten kehrte Heydebreck im Frühjahr 1916 an die Front zurück: In den folgenden Jahren wurde er als Kompanie- und Bataillonsführer vor Verdun, in Rumänien, Italien und an der Somme eingesetzt. 1917 wurde er Kompanieführer im Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 6. Ab dem 8. Januar 1918 vertrat er für einen Monat den Kommandeur des Goslarer Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 23 und ab dem 14. April 1918 war er, als Ersatz für den am Vortag von einer Brisanzgranate außer Gefecht gesetzten Hauptmann Gustav Stoffleth, Kommandeur des Ratzeburger Reserve-Jäger-Bataillons Nr. 18.[4][5] Er musste jedoch bereits am 22. April krankheitsbedingt bereits den Posten wieder abgeben. Bei Kriegsende führte Heydebreck eine Radfahrabteilung (Radfahr-Jäger-Bataillon) in Frankreich.
    Nach dem Kriegsende und dem Ausbruch der Novemberrevolution von 1918 gründete Heydebreck, damals im Rang eines Hauptmanns, aus seinem Radfahrbataillon das nach ihm benannte Freikorps Heydebreck, einen militärischen Freiwilligenverband (Freikorps) um sich an der Bekämpfung der Revolution zu beteiligen. Mit seinem Freikorps kämpfte Heydebreck bis 1923 in Schlesien und Oberschlesien: Während der von Wojciech Korfanty organisierten polnischen Aufstände in Oberschlesien wurde Heydebrecks Freikorps zusammen mit der Schwarzen Reichswehr zur Niederschlagung der Unruhen eingesetzt. Seine Erfolge in den Kämpfen am St. Annaberg – Sturm auf Kandrizin am 5. Juni 1921 – während des polnischen Aufstandes von 1921 führten dazu dass er als „Held vom Annaberg“ heroisiert und populär wurde.

    Weimarer Republik

    Bei der Reichstagswahl vom 4. Mai 1924 wurde Heydebreck von der Deutschvölkischen Freiheitspartei (DVFP) auf ihrer Reichswahlvorschlagliste (Platz 14) als Kandidat für den Reichstag nominiert. Nachdem die DVFP bei der Wahl genug Stimmen erzielen konnte, um seinen Listenplatz zu einem Mandat zu verhelfen, zog Heydebreck als Abgeordneter in das Parlament der Weimarer Republik ein, dem er knapp ein halbes Jahr lang, von Mai bis Dezember 1924, als Mitglied der Fraktion der DVFP bzw. der Nationalsozialistischen Freiheitspartei angehörte. Heydebreck schied aus dem Reichstag nach der Auflösung des Parlaments im Dezember 1924 wieder aus. Bei der Neuwahl des Reichstags am 7. Dezember 1924 trat er nicht wieder zur Wahl an.
    Der Hauptgrund, warum Heydebrecks als Abgeordneter für das Parlament kandidiert hatte, war, dass er durch die Mitgliedschaft im Parlament in den genuss der Abgeordnetenimmunität kam, durch die er vor einer Verhaftung und strafrechtlichen Verfolgung wegen seiner gegen die Weimarer Republik gerichteten Tätigkeit als paramilitärischer Aktivist geschützt war. Dementsprechend war seine Abgeordnetentätigkeit für Heydebreck nur eine Formalität, die für ihn wenig Bedeutung hatte: So meldete er sich im Plenum während seiner Zugehörigkeit zum Reichstag kein einziges Mal zu Wort und nutzte die Räumlichkeiten des Reichstags für Scheibenschieß-Übungen.[6] So war die Arbeit in der völkischen Bewegung auch während seiner Reichstagszugehörigkeit das Hauptbetätigungsgebiet von Heydebreck: Nachdem Ernst Röhm im Frühjahr 1924 den Frontbann als Auffangorganisation für die verbotenen paramilitärischen Kampfverbände (insbesondere die SA und die Reichskriegsflagge) gegründet hatte, schloss sich auch Heydebreck der neuen Organisation an. Auf dem Deutschen Tag Mitte August 1924 wurde ihm die Führung der Gruppe Mitte (Frontbann Mitte) dieser Organisation übertragen, die jedoch bereits 1925 weitgehend einging.
    Nach der Neugründung der NSDAP im Frühjahr 1925 trat Heydebreck noch im selben Jahr in diese ein (Mitgliedsnummer 20.525). Noch 1925 gründete er die SA in Oberschlesien. Außerdem beteiligte er sich an der Organisation des Partei-Gaues Oberschlesien der NSDAP.
    Während der 1920er Jahre entwickelte Heydebreck zudem ein starkes Alkoholproblem: Um die Schmerzen an der niemals vollständig verheilenden Wunde an seinem im Krieg verlorenen Arm zu betäuben, gewöhnte Heydebreck sich in diesen Jahren an täglich immer größer werdende Mengen Alkohol zu trinken, was ihn schließlich zum Alkoholiker werden ließ. Sein Freund Ernst von Salomon berichtet hierüber:
    „Ob jede Zelle seines Gewebes schon so mit Alkohol durchtränkt war, dass ein einziger Schnaps genügte, um ihn betrunken zu machen, oder ob er sich mit Bedacht immer im Stadium des Rausches hielt, er war fast immer betrunken und wenn er betrunken war, überkam ihn ein lauter Ekel vor sich selber. Dann schoss er in den Spiegel und brüllte: Du besoffenes Schwein lebst ja immer noch!“
    Nach der Wieder-Übernahme der Führung der SA durch Ernst Röhm zu Beginn der 1930er Jahre wurde auch Heydebreck reaktiviert: Mit Wirkung zum 1. April 1932 dem Stab der Obersten SA-Führung zur Verfügung gestellt, wobei er gleichzeitig den Rang eines SA-Standartenführers verliehen bekam.[7] Nach dem zeitweisen SA-Verbot im Frühling und Frühsommer 1932 wurde im Führerbefehl Nr. II erneut festgelegt, dass Heydebreck zur Verfügung der OSAF trete.[8]

    NS-Staat

    Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 wurde Heydebreck zum 1. Juni 1933 von der OSAF in den Stab der SA-Obergruppe I (Berlin; nach einer Neudurchnummerierung der SA-Obergruppen firmierte diese bald danach als SA-Obergruppe III; Dienstsitz war Breslau) unter Edmund Heines in Breslau versetzt.[9] Zum 20. August 1933 wurde Heydebreck dort zum SA-Oberführer befördert.[10]
    Zum 15. September 1933 wurde Heydebreck als alter Vertrauensmann Ernst Röhms von diesem mit der Führung der SA-Gruppe Pommern (SA-Gruppe IV), die wiederum der SA-Obergruppe II unterstand, beauftragt.[11] Nachdem er sich in dieser Stellung – in den Augen Röhms – bewährt hatte, wurde Heydebrecks Betrauung mit der Führung der Gruppe Pommern zum 20. April 1934 permanent gemacht, indem Röhm ihn (im Namen Hitlers) zu diesem Tag zum regulären Führer der Gruppe Pommern ernannte und gleichzeitig in den Rang eines SA-Brigadeführers beförderte.[12]
    Infolge seiner sprunghaft angewachsenen Bedeutung innerhalb der SA mit seiner Betrauung mit der Führung einer SA-Gruppe erhielt Heydebreck im November 1933 ein Mandat als Abgeordneter im nationalsozialistischen Reichstag. In diesem vertrat er bis zu seinem Tod den Wahlkreis 6 (Pommern). Nach Heydebrecks Tod wurde sein Mandat für den Rest der bis 1936 dauernden Wahlperiode von Hermann Harbauer weitergeführt.
    In der Anfangszeit der NS-Herrschaft war Heydebreck als Kriegs- und Freikorps-"Held" eine hochgeachtete Person. Dementsprechend wurden er in den Jahren 1933 und 1934 mit zahlreichen öffentlichen Ehrungen überhäuft: 1933 fasste beispielsweise die Gemeindevertretung der oberschlesischen Gemeinde Kandrzin den Entschluss, den Ort nach ihrem „Befreier“ während der deutsch-polnischen Gebietskämpfe nach dem Ersten Weltkrieg in "Heydebreck" umzubenennen, allerdings weigerte sich die Reichsbahn vorerst, diese Umbenennung anzuerkennen. 1934 wurde die Namensänderung von Kandrzin durch einen Erlass des Preußischen Staatsministeriums offiziell gemacht, so dass die Gemeinde am 16. März 1934 rechtskräftig nach Peter von Heydebreck in Heydebreck O.S. umbenannt wurde.

    Verhaftung und Tod

    Am Vormittag des 30. Juni 1934 wurde Heydebreck im Rahmen der Röhm-Affäre verhaftet und erschossen.
    Die meisten Darstellungen geben an, Heydebreck sei am Vormittag des 30. Juni auf der Fahrt zu einer SA-Führertagung in Bad Wiessee von Adolf Hitler persönlich verhaftet worden: Heydebrecks Wagen sei, als er Hitlers Wagenkolonne entgegenkam –, die gerade von Wiessee zurückkehrte, wo Ernst Röhm und einige andere verhaftet worden waren – von Angehörigen der Polizei angehalten worden. Als Heydebreck auf Hitlers Frage, ob er auf der Seite Röhms sei, dies bejahte, sei er von Hitler für abgesetzt erklärt und zu den übrigen Gefangenen in den Fond eines Busses gesteckt worden. Andere Versionen geben an, Heydebreck wäre am Münchener Hauptbahnhof verhaftet worden.[13]
    Zusammen mit den anderen Gefangenen wurde Heydebreck in die Haftanstalt Stadelheim gebracht. Auf Befehl Hitlers wurde er zusammen mit fünf weiteren hohen SA-Führern (Hans Hayn, Edmund Heines, Wilhelm Schmid, August Schneidhuber und Hans Joachim von Spreti-Weilbach) am frühen Abend desselben Tages erschossen. Die Erschießung der sechs Männer – sowie des in Berlin exekutierten Gruppenführers Karl Ernst – wurde noch am Abend des 30. Juni 1934 durch Sonderausgaben der Zeitungen sowie durch den Rundfunk bekannt gegeben.
    Nur wenige Tage vor seinem Tod hatte Heydebreck dem Schriftsteller Ernst von Salomon gegenüber geäußert:
    „Ich lebe für meinen Führer! Der Gedanke an ihn ist das Einzige, was mich aufrechterhält. Wenn ich an meinen Führer nicht mehr glauben könnte, dann möchte ich lieber sterben!“[14]
    Durch den Führerbefehl der Obersten SA-Führung Nr. 26 vom 31. Oktober 1934 wurde Heydebreck postum mit Wirkung zum 1. Juli 1934 aus der SA ausgestoßen, wobei er zugleich seiner bisherigen Dienststellung enthoben wurde und seinen Dienstgrad aberkannt bekam.
    Heydebrecks Stellung als Führer der SA-Gruppe Pommern wurde im Juli 1934 durch die neue SA-Führung Hans Friedrich, dem bisherigen Führer der SA-Untergruppe Pommern-West, übertragen.
    Die Umbenennung des Ortes Kandrzin in Heydebreck O.S. nach Peter von Heydebreck wurde trotz seiner Exekution und Verfemung nach dem 30. Juni 1934 vom NS-Staat nicht rückgängig gemacht, sondern bestand bis zur Eingliederung Schlesiens in den polnischen Staat im Jahr 1945.

    Beförderungen

    • 1. April 1932: SA-Standartenführer
    • 20. August 1933: SA-Oberführer
    • 20. April 1934: SA-Brigadeführer
    • Den Rang eines SA-Gruppenführers erreichte Heydebreck, obwohl er seit 1933 die Stellung des Führers einer SA-Gruppe bekleidete, bis zu seinem Tod nicht.[15]

    Archivalien

    • Parteikorrespondenz zu Heydebreck (Bundesarchiv: Bestand PK Film E 193 Heusner, Lieslotte–Heydebreck, Max. Bilder 2979–2984)

    Schriften

    • Wir Wehr-Wölfe, 1931.

    Literatur

    • Helmut Neubach: Vom Freikorps zur SA. Peter von Heydebreck und seine Erinnerungen «Wir Wehrwölfe». in: Oberschlesisches Jahrbuch. 20 2004, S. 125–149.
    • Hans-Gerd Warmann: Vor 75 Jahren: Die Folgen der ‚Röhm-Revolte‘ vom 30. Juni 1934 in Pommern. In: Stettiner Bürgerbrief. Nr. 35, 2009, ISSN 1619-6201, S. 36–41.
    • Erich Stockhorst: 5000 Köpfe. Wer war was im 3. Reich. Arndt, Kiel 2000, ISBN 3-88741-116-1 (Unveränderter Nachdruck der ersten Auflage von 1967).
    • Martin Schumacher (Hrsg.): M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung, 1933–1945. Eine biographische Dokumentation. 3., erheblich erweiterte und überarbeitete Auflage. Droste, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-5183-1.

    Bilder

    • Genealogisches Handbuch des Adels, Bd. 66 der Gesamtreihe, 1977, Bildtafel 3.

    Weblinks

    Einzelnachweise


  2. Heydebreck: Wir Wehr-Wölfe. 1931, S. 15.

  3. Herbert Michaelis (Hrsg.): Ursachen und Folgen. Bd. 10, S. 175.

  4. Uwe Backes: Der Reichstagsbrand. S. 130.

  5. Gustav Stoffleth: Geschichte des Reserve-Jäger-Bataillons Nr.18. Verlag Bernard & Graefe. Berlin 1937

  6. Die Goslarer Jäger im Weltkriege. III. Band: Walter Holste: Das Reserve-Jäger-Bataillon Nr. 23. Mit Anhang: Die Vereinigung ehemaliger Goslarer Jäger. Buchdruckerei Lax, Hildesheim 1934.

  7. Brill: Heydebreck, S. 223.

  8. Führerbefehl der Obersten SA-Führung Nr. 9 vom 15. April 1932, S. 1.

  9. Führerbefehl der obersten SA-Führung Nr. II vom 9. September 1932, S. 3.

  10. Führerbefehl der Obersten SA-Führung Nr. 14 vom 1. Juni 19343, S. 4.

  11. Führerbefehl der Obersten SA-Führung Nr. 17 vom 1. September 1933, S. 3.

  12. Führerbefehl der Obersten SA-Führung Nr. 18 vom 1, Oktober 1933, S. 11.

  13. Führerbefehl der Obersten SA-Führung Nr. 24 vom 2. Mai 1934, S. 5.

  14. Wolfram Selig: „Ermordet im Namen des Führers. Die Opfer des Röhm-Putsches in München“, in: Winfried Becker/ Werner Chrobak (Hrsg.): Staat, Kultur, Politik. Beiträge zur Geschichte Bayerns und des Katholizismus. Festschrift zum 65. Geburtstag von Dieter Albrecht, Kallmünz/Opf. 1992, S. 341–356.

  15. Ernst von Salomon: Der Fragebogen, 1951, S. 438; Claus Heinrich Bill: Von Heydebreck, 1999, S. 215.

  16. Vgl. Führerbefehl der Obersten SA-Führung Nr. 26 vom 31. Oktober 1934, S. 11, wo vermerkt wird, dass er zuM Zeitpunkt seines Todes noch den Rang eines SA-Brigadeführers innehatte.

jeudi 27 juin 2019

Friedrich Wilhelm Heinz


  1. Friedrich Wilhelm Heinz (* 7. Mai 1899 in Frankfurt am Main; † 26. Februar 1968 in Bad Nauheim) war ein deutscher Journalist, Schriftsteller und Nachrichtendienstoffizier. Während der Weimarer Republik konspirierte er als Mitglied der Organisation Consul gegen die Republik. Als nationalrevolutionärer Gegner Adolf Hitlers schloss er sich in der Zeit des Nationalsozialismus dem militärischen Widerstand um Hans Oster an. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute er in Konkurrenz zur Organisation Gehlen einen eigenen militärischen Nachrichtendienst, den Friedrich-Wilhelm-Heinz-Dienst, auf.

    Leben

    Soldat im Ersten Weltkrieg 1914–1918

    Der Sohn eines Apothekers trat als Kind in die Frankfurter Pfadfindergruppe Schwarze Freischar ein, die zum Jungdeutschland-Bund gehörte. Am 3. Mai 1916 meldete er sich als Kriegsfreiwilliger und trat in das Ersatzbataillon des Berliner Garde-Füsilier-Regiments ein. Am 8. Oktober 1916 wurde er Fahnenjunkeranwärter in dem in Wreschen (Posen) stationierten III. Bataillon des Infanterie-Regiments „Graf Kirchbach“ (1. Niederschlesisches) Nr. 46 und bereits am 2. Januar 1917 zum Fahnenjunker befördert. Schon früh betätigte er sich auch politisch, zunächst in der rechtsnationalen Deutschen Vaterlandspartei. Nach der Teilnahme an der Dritten Flandernschlacht und der Schlacht von Cambrai absolvierte er Ende 1917 bis März 1918 eine Ausbildung an der Infanterieschule Döberitz, nach der er zum Fähnrich befördert wurde. Er nahm danach an der deutschen Frühjahrsoffensive und den nachfolgenden Stellungskämpfen teil, während der er am 21. Juli 1918 zum aktiven Leutnant im I.R. 46 befördert wurde. Im August 1918 wurde er schwer verwundet und erlebte das Kriegsende im Lazarett.

    Grenzschutz in der Provinz Posen 1919–1920

    Nach seiner Genesung diente Heinz im April bis Juni 1919 als freiwilliger Kombattant im Freiwilligen Infanterieregiments Nr. 46 (IR 46) des Grenzschutz Ost an der Provinz Posen – niederschlesischen Grenze. Im aktiven Kampfeinsatz gegen polnische Aufständische im Großpolnischen Aufstand der Provinz Posen, entgleiste sein behelfsmäßiger Panzerzug am 23. Juni 1919 durch eine von polnischer Seite ausgeführte Schienensprengung, dabei wurde er erneut schwer verwundet[1][2]. Am 11. Januar 1920 erfolgte seine Rückkehr zum IR 46 und bis zur Verabschiedung am 31. März 1920 als kriegsversehrter Oberleutnant wurde er als militärischer Erzieher in der Kadettenanstalt Wahlstatt abkommandiert[3].

    Führendes Mitglied der Organisation Consul

    Über einen politischen Informationskurs im Frühsommer 1919 kam Heinz in Kontakt mit der „Nationalen Vereinigung“ um Walther von Lüttwitz und Wolfgang Kapp. Hier lernte er auch Waldemar Pabst, Hermann Ehrhardt, Erich Ludendorff und Wilhelm Canaris kennen. Heinz schloss sich der Marine-Brigade Ehrhardt an und nahm während des Kapp-Putsches im März 1920 als Kompanieführer an ihrem Marsch auf Berlin teil. In der Brigade fand er Gleichgesinnte wie Manfred von Killinger und Erwin Kern. Heinz schloss sich dem von Erhardt organisierten Geheimbund Organisation Consul (O.C.) an und avancierte bald zum Zentrum der Frankfurter Gruppe, zu der auch Ernst von Salomon, Hartmut Plaas und Karl Tillessen stießen. Er war an der Vorbereitung der Attentate auf Matthias Erzberger, Philipp Scheidemann und Walther Rathenau unmittelbar beteiligt. Im Gegensatz zu Plaas, Tillessen und Salomon, die zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden, gelang es Heinz, die Behörden davon zu überzeugen, er habe von den Attentatsplänen nichts gewusst.[4] Nach 1933 gestand Heinz seine Beteiligung offen ein.[5]
    Allerdings verfügte Heinz auch über beste Verbindungen zur Reichswehr. Auf der einen Seite wollte die Reichswehr unter den Rechtsradikalen eine stille Personalreserve bilden, besser bekannt als „Schwarze Reichswehr“. Auf der anderen Seite wirkte Heinz in ihrem Auftrag nicht nur im Ausbildungsbataillon des hessischen Infanterieregiments mit, sondern arbeitete auch im illegalen Nachrichtendienst „Deutscher Überseedienst“ (DÜD) mit. Das Agentennetz des DÜD betrieb Spionage, berichtete über „linksradikale Kräfte“, Waffenhandel und verübte während der Ruhrbesetzung Sabotageakte gegen die Franzosen. Dabei schaltete Heinz auch konkurrierende Organisationen zur inzwischen als Bund Wiking firmierenden O.C. aus, wie den separatistischen „Blücherbund“, den er an die Polizei verriet.[4] Gemäß dem Femeparagraphen der O.C. beteiligte sich Heinz im März 1922 an dem Fememordversuch an dem vermeintlichen Spitzel Erwin Wagner. Erst 1926 kam die Tat ans Licht. Heinz wurde im März 1927 gemeinsam mit Ernst von Salomon und einem weiteren O.C. Mann im sogenannten „Gießener Fememordprozeß“ vor Gericht gestellt, aber aus Mangel an Beweisen freigesprochen, ein, wie der Historiker Martin Sabrow feststellt, „glatter Fehlspruch“.[6]
    Die O.C. bzw. der Bund Wiking bildeten nach einer Absprache Hitlers mit Ehrhardt gemeinsam mit der NSDAP und ihrer SA ein Kartellverhältnis. Heinz und Tillesen bauten die NSDAP und SA in Hessen auf. SA-Führer Hermann Göring bezeichnete Heinz 1923 noch als „oberste Instanz“ für die SA in Hessen und Hessen-Nassau. Als Ehrhardt seine Brigade im Vorfeld des Hitlerputsches im Oktober 1923 an der bayerischen Grenze für einen Marsch auf Berlin aufstellte, sollte die Gruppe Heinz die Flanken gegen das Ruhrgebiet und Thüringen sichern. Den Marsch zur Feldherrnhalle erlebte Heinz als unbeteiligter Augenzeuge. Er wurde wenig später verhaftet und nach Intervention der Reichswehr entlassen.[4]

    Im Stahlhelm, Bund deutscher Frontsoldaten und der NSDAP

    In den Monaten nach dem gescheiterten Putsch hatten sich Bund Wiking und NSDAP ungeachtet ideologischer Gemeinsamkeiten allerdings entfremdet. Eine Gruppe des Bund Wiking um Heinz setzte sich für eine nationalrevolutionäre Querfrontpolitik ein und fand ihre politische Heimat 1925 zunächst im Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten. Heinz zog nach Magdeburg und publizierte im Verbandsorgan neben Ernst Jünger, Franz Schauwecker und Georg Dertinger und anderen. 1929 lernte er Friedrich Hielscher kennen, mit dessen Weltanschauung er sich zunehmend identifizierte. Später las er dessen 1932 erschienenes Buch Das Reich, zu dem er bemerkte, es enthalte sein „politisches Glaubensbekenntnis“. Seit 1933/34 distanzierte er sich allerdings zunehmend von Hielscher und brach schließlich den Kontakt ab.[7] Mit ihren Positionen erregten die sogenannten „Jungen“ allerdings auch bald den Unwillen der Traditionalisten im Stahlhelm. Nach einem Intermezzo im braunschweigischen Landesverband 1928/29 trat Heinz im April 1929 der NSDAP bei, wo er sich zum nationalrevolutionären Flügel um Otto und Gregor Strasser orientierte. Er schloss sich außerdem der Landvolk-Bewegung an, wo inzwischen auch Plaas, Bruno und Ernst von Salomon und Walther Muthmann aktiv waren. Von hier betrieb Heinz die Entmachtung Hitlers zugunsten des Strasser-Flügels. Bernhard Rust durchschaute diesen Versuch und leitete ein Parteiausschlussverfahren ein.[8]
    Nach dem Parteiausschluss arbeitete Heinz in Berlin als Schriftsteller und Journalist für den Hugenberg-Konzern, als Presseobmann der Schwarzen Front Otto Strassers und als persönlicher Referent Ehrhardts. 1931 versuchte er vergeblich einen Zusammenschluss der Gruppen um Ehrhardt, Strasser und Walther Stennes zu vermitteln. Er brach mit Ehrhardt und gründete mit Schauwecker und August Winnig den Nationalverband Deutscher Schriftsteller. Außerdem gehörte er dem Jungkonservativen Club und der Gesellschaft zum Studium des Faschismus an. 1933 kehrte er in die Bundesleitung des Stahlhelms zurück.

    Während des Nationalsozialismus

    Zwar begrüßte Heinz die Machtergreifung vom 30. Januar 1933, geriet aber als Parteigänger Strassers zwischen die Fronten und entging nur auf Fürsprache den politischen Säuberungen nach dem Reichstagsbrand und dem „Röhm-Putsch“. Sein Gesuch auf Wiederaufnahme in die NSDAP wurde abgelehnt. Nach der Auflösung des Stahlhelms 1936 ließ sich Heinz zur Wehrmacht reaktivieren und wurde auf Vermittlung von Canaris Presseoffizier der Abwehrabteilung im Reichskriegsministerium.[8]
    Durch seine neue Stellung geriet Heinz schnell in Kontakt mit Kreisen des sich formierenden Widerstands. Während der Septemberverschwörung 1938 stellte er nach Absprache mit seinem Vorgesetzten Hans Oster einen Stoßtrupp zusammen, der in die Reichskanzlei eindringen sollte, um Adolf Hitler entweder zu verhaften oder zu erschießen.[9] Nach Heinz' Vorstellungen sollte nach der Beseitigung Hitlers die Monarchie unter Wilhelm von Preußen, dem ältesten Sohn des deutschen Kronprinzen, restauriert werden. Der Stoßtrupp kam wegen des Zustandekommens des Münchner Abkommens nicht zur Ausführung. Im August 1939 erhielt Heinz die Leitung über die Gruppe III C (Abwehr Inland) im Amt Ausland/Abwehr. Der Tod des Kaiserenkels im Frankreichfeldzug, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband, erschütterte ihn sehr.
    Im Dezember 1940 wurde Heinz als Major Kommandeur des I. Bataillons/Lehrregiment z. b. V. 800 Brandenburg, einer Einheit für Sondereinsätze unter Kontrolle der Abwehr. Mit diesem nahm er am Unternehmen Barbarossa teil, wobei ihm zusätzlich das aus ukrainischen Nationalisten gebildete Bataillon Nachtigall unterstellt war. Heinz wurde hierbei Zeuge der Massenmorde in Lemberg im Sommer 1941, über die er einen kritischen Bericht an das übergeordnete Armeekorps verfasste. Nach dem Abzug seines Bataillons von der Ostfront erhielt er von Canaris den Auftrag, eine Abwehrschule und eine sogenannte V-Abteilung zur Führung von V-Leuten und Agenten aufzustellen. Im Januar 1943 wurde er Kommandeur des 4. Jägerregiments „Brandenburg“ in dem inzwischen aufgestellten Sonderverband Brandenburg, mit dem er im Partisanenkrieg in Jugoslawien eingesetzt wurde. Bereits im September 1943 wurde der inzwischen zum Oberstleutnant beförderte Heinz allerdings in die Führerreserve des Wehrkreises III (Berlin) versetzt, in dem er dann zum Kommandeur des Heeresstreifendienstes ernannt wurde. Am Attentat vom 20. Juli 1944 war er nur am Rande beteiligt, musste aber ab November 1944 untertauchen und überlebte das Kriegsende im Untergrund.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg

    Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beschaffte Heinz im Auftrag der Stadt Berlin Nahrungsmittel im Umland. Er wurde Bürgermeister in Bad Saarow-Pieskow und gründete mit Gustav Dahrendorf die SPD im Kreis Fürstenwalde/Spree. Im Sommer 1946 kehrte er nach Berlin zurück und arbeitete als Journalist unter anderem unter dem Pseudonym "Horst Falkenhagen". Zugleich knüpfte er Verbindungen zum französischen, niederländischen und amerikanischen Geheimdienst. Während der Berlin-Blockade wurde Heinz von den Amerikanern ausgeflogen und von den Franzosen in Neuwied mit einer Verlagslizenz ausgestattet. Das Agentennetz, das Heinz aufbaute, war aber de facto ein amerikanischer Nachrichtendienst, so dass die Franzosen ihre Zusammenarbeit 1948/49 einstellten.[10]
    Heinz erhielt 1950 die Deutschlandvertretung der Nachrichtenmagazine Time und Life und wurde zum Aufbau eines militärischen Nachrichtendienstes für Bundeskanzler Konrad Adenauer herangezogen. Er baute den Friedrich-Wilhelm-Heinz-Dienst (FWHD) auf, welcher der Zentrale für Heimatdienst (ZfH) im Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes angegliedert war. Dabei geriet er in Konkurrenz zur Organisation Gehlen unter Reinhard Gehlen. Mit Billigung von Hans Globke sammelte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Otto John, Material gegen Heinz. Zum 1. Oktober 1953 wurde das Dienstverhältnis aufgelöst. Im Dezember 1954 besuchte Heinz das sowjetische Hauptquartier in Berlin-Karlshorst. Bis heute ist unklar, was Heinz dort wollte. Der KGB hatte gehofft, Heinz anwerben zu können. Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR ging aber später von einer Finte aus. Unwahrscheinlich erscheint allein Heinzens Behauptung, er sei entführt worden.[11] Heinz ließ sich in der Nähe von Wiesbaden nieder und arbeitete in Frankfurt als Werbefachmann.

    Schriften

    • Sprengstoff. Frundsberg, Berlin 1930.
    • Franz Alfons Gayda, Friedrich Wilhelm Heinz und Franz Schauwecker: Nation und Schrifttum. Berlin 1933.
    • Die Nation greift an. Geschichte und Kritik des soldatischen Nationalismus: Das Reich, Berlin 1933
    • Kameraden der Arbeit. Deutsche Arbeitslager: Stand, Aufgabe und Zukunft. Frundsberg, Berlin 1933
    • Mensch Unbekannt. Begegnung und Erinnerung. Eckart, Berlin 1934
    • Documents. Revue mensuelle des questions allemandes, 6. = N° spécial. Themenheft: Freies Deutschland. Hg. Centre d'études culturelles, économiques et sociales.[12] Eigenverlag, Paris 1949
    • Durchbruch ins Reich. Bublies, Schnellbach 2011, ISBN 978-3-937820-15-6
    • Erinnerungen 1919 - 1945, Vom nationalen Revolutionär in der Brigade Ehrhardt zum Widerstandskämpfer in der Abwehr und der Division Brandenburg. Michael Heinz Verlag, Kleinmachnow 2016, ISBN 978-3-00-053754-7

    Literatur

    • Susanne Meinl: Nationalsozialisten gegen Hitler. Die nationalrevolutionäre Opposition um Friedrich Wilhelm Heinz. Siedler, Berlin 2000, ISBN 3-88680-703-7.
    • Susanne Meinl, Dieter Krüger: Friedrich Wilhelm Heinz, Vom Freikorpskämpfer zum Leiter des Nachrichtendienstes im Bundeskanzleramt. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Jg. 42, Heft 1, Januar 1994, S. 39–69. (PDF – 1,4 MB)
    • Susanne Meinl: Im Mahlstrom des Kalten Krieges. Friedrich Wilhelm Heinz und die Anfänge der westdeutschen Nachrichtendienste 1945–1955. In: Wolfgang Krieger, Jürgen Weber (Hrsg.): Spionage für den Frieden. München, Landsberg a. L. 1997, S. 247–266.
    • Martin Sabrow: Der Rathenaumord. Rekonstruktion einer Verschwörung gegen die Republik von Weimar. München 1994.
    • Ein Heldenlied. In: Der Spiegel. 18. November 1953, S. 9–15.

    Weblinks

    Einzelnachweise


  2. Friedrich Wilhelm Heinz. In: www.friedrich-wilhelm-heinz.de. Abgerufen am 15. März 2016.

  3. Heinz, Friedrich -Wilhelm: Sprengstoff. Frundsberg-Verlag, Berlin 1930, S. 67–74.

  4. Das ist das Gästebuch! Abgerufen am 22. März 2016.

  5. Meinl u. Krüger, Der politische Weg, S. 39–42.

  6. Martin Sabrow: Der Rathenaumord, S. 128f.

  7. Sabrow, Rathenaumord, S. 130–134, zit. S. 131.

  8. Zitat in: Friedrich Wilhelm Heinz, Die Ursachen des Antisemitismus, in: Klärung. 12 Autoren, Politiker über die Judenfrage, Berlin 1932, S. 97–115, hier S. 98. Zu Heinz’ Verhältnis zu Hielscher vgl. Ina Schmidt, Der Herr des Feuers. Friedrich Hielscher und sein Kreis zwischen Heidentum, neuem Nationalismus und Widerstand gegen den Nationalsozialismus, SH-Verlag, Köln 2004, S. 49–52. Dort auch eine relativ detaillierte Darstellung von Heinz’ Leben v. a. bis zum Zweiten Weltkrieg.

  9. Meinl u. Krüger, Der politische Weg, S. 42–45.

  10. Vgl. Joachim Fest: Staatsstreich. Der lange Weg zum 20. Juli. Berlin 1994, ISBN 3-88680-539-5, S. 94.

  11. Meinl u. Krüger, Der politische Weg, S. 54–64

  12. Meinl u. Krüger, Der politische Weg, S. 67–69.

  13. darin als Horst Falkenhagen: L'Armée Rouge et la Reichswehr. Im Zuge des beginnenden Kalten Kriegs mochte auch die französische Besatzungsmacht nicht zurückstehen und hat diese Ausgabe als Sonderheft der eigentlich in Offenburg und Freiburg i. Br. erscheinenden Kulturzeitschrift zur deutsch-französischen Verständigung ermöglicht. Die Eigenheiten des nationalbolschewistischen Hauptautors (neben Heinz schrieb ein Antoine Wiss-Verdier La fin d'une legende: de L'Armee Paulus au Nationalbolchevisme.) sollten ihnen nicht unbekannt gewesen sein. Die "Revue" erschien später (1952) im Auftrag eines "Bureau international de liaison et de documentation" bzw. auf Englisch einer "Association for international collaboration"

mercredi 26 juin 2019

Edmund Heines


  1. Edmund Heines in SA-Uniform (1922)
     
    Edmund Heines (* 21. Juli 1897 in München; † 30. Juni 1934 in München-Stadelheim) war ein deutscher Politiker (NSDAP) und SA-Führer.

    Leben und Wirken

    Heines wurde als außerehelicher Sohn der Dienstmagd Helene Martha Heines geboren.[1] Sein Vater war der aus einer Hamburger Kaufmannsfamilie stammende Oberleutnant Edmund von Parish, in dessen Dienst die Mutter als Kindermädchen stand. Der Großvater mütterlicherseits war Johann Baptist Heines, ein Mechaniker aus Esslingen. Heines’ jüngerer Bruder war der spätere NSDAP-Aktivist Oskar Heines (1903–1934), der, wie auch die Schwester Martha, ebenfalls aus der außerehelichen Verbindung der Mutter mit von Parish stammte. Heines’ Halbschwester war die Kostümbildnerin Hermine von Parish (1907–1998). Nach dem Besuch eines Gymnasiums und eines Realgymnasiums, an dem er 1915 das Abitur ablegte, trat Heines freiwillig in die Bayerische Armee ein. Im Ersten Weltkrieg war er bei der Feldartillerie an der Westfront eingesetzt. Heines wurde im Herbst 1915 schwer am Kopf verwundet,[2] mehrfach ausgezeichnet und 1918 zum Leutnant der Reserve befördert.[3]

    Freikorps und Kapp-Putsch

    Nach Kriegsende schloss sich Heines dem Freikorps Roßbach an und war mit diesem 1919 an Kämpfen im Baltikum und dann anschließend im März 1920 am Kapp-Putsch beteiligt. Zwei Monate zuvor hatte Gerhard Roßbach den Berliner Tiergarten-Club übernommen, in dem Heines die Rolle des Geschäftsführers übernahm.[4] Während des Putsches wurde der Club zum befestigten Hauptquartier der Roßbach-Truppe umfunktioniert. Nach dem Scheitern des Putsches tauchten die Angehörigen des Freikorps insbesondere in Mecklenburg und Pommern unter. Heines übernahm die Aufsicht über Mitglieder, die auf drei Gütern im Landkreis Greifenhagen in Pommern untergebracht waren. Im Juli 1920 war Heines an dem Fememord an Willi Schmidt beteiligt.[5] Schmidt, ein 20-jähriger Landarbeiter, wollte angeblich Waffenverstecke des getarnt untergebrachten Freikorps verraten.

    Eintritt in die NSDAP und SA

    Heines flüchtete nach München und übernahm dort 1922 die Führung der Ortsgruppe des Freikorps Roßbach. Im Dezember 1922 trat die gesamte Ortsgruppe zur SA über; Heines übernahm die Führung des Zweiten Bataillons im Münchner SA-Regiment und wurde zudem Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 78). Wegen seiner Teilnahme am Putschversuch Hitlers im November 1923 wurde Heines 1924 zu 15 Monaten Festungshaft verurteilt. Zusammen mit Hitler in Landsberg inhaftiert, wurde Heines im September 1924 vorzeitig entlassen. Zu diesem Zeitpunkt waren SA und NSDAP verboten; Heines übernahm die Führung des Zweiten Bataillons des Münchner Frontbann-Regiments, einer Ersatzorganisation der SA.
    Nach der Wiederzulassung der NSDAP 1925 trat Heines der Partei ebenso wie der SA erneut bei. In der SA hatte er 1926 den Rang eines Standartenführers (Oberst) erreicht und trat für die NSDAP als Reichsredner auf. Von 1925 bis August 1926 war Heines Bundesleiter des Wehrjugendverbandes Schill (Schilljugend) und leitete den angeschlossenen Sportversand Schill. Die Schilljugend fungierte als Jugendorganisation der NSDAP, seitdem Hitler Heines am 6. Mai 1925 die Zuständigkeit für die Jugendangelegenheiten der Partei übertragen hatte.[6] Am 31. Mai 1927 wurde Heines als Anführer einer Rebellion der Münchner SA aus der NSDAP und der SA ausgeschlossen. Aus Sicht der Münchner SA war die Partei zu gemäßigt und zu bürokratisch.[7] Nach Meinung des sozialdemokratischen Vorwärts war Heines „eine der übelsten Erscheinungen in der Münchener Hitlerzeit“.[8]

    Stettiner Fememordprozess

    Edmund Heines (2. v. l.) mit Heinrich Himmler, Franz von Epp und Ernst Röhm (1933)
    Der Mord an Willi Schmidt wurde 1927 durch einen Erpressungsversuch bekannt. Heines wurde daraufhin am 22. Januar 1928 in Schongau verhaftet und nach Stettin verbracht. Verteidigt von Rüdiger von der Goltz, war Heines der Hauptangeklagte im Stettiner Fememordprozess im April und Mai 1928. Nach einem Bericht der Vossischen Zeitung vom Prozessbeginn zeigte die Anklagebank
    „das nun schon typische Bild derartiger Prozesse. Ein Häuflein junger Leute mit dem stieren Blick unselbständig denkender Menschen und ein oder zwei intelligente Führer. Das ist diesmal Leutnant a. D. stud. jur. Heines, ein kaum Erwachsener trotz seiner dreißig Jahre, dessen Leben sich zwischen Schulbank, Krieg und Kriegsspiel abgerollt hat, der noch bis zu seiner Verhaftung mit einer Singspielschar nach Jungenart durch das Land zog und sich selbst mit traurigem Stolz den ‚Typ des deutschen Landsknechts der Jetztzeit‘ nennt […]“.[9]
    Heines’ Aussagen und die seiner Mitangeklagten waren widersprüchlich; nach Heines’ Angaben war Schmidt bei einem Fluchtversuch erschossen worden. Die Anklage forderte wegen Mordes die Todesstrafe für Heines; das Urteil des Stettiner Gerichts lautete auf 15 Jahre Zuchthaus wegen Totschlags. Heines habe durchaus einen Mordplan gehabt, es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass ihm Zweifel gekommen seien und er Schmidt im Affekt erschossen habe, so die Urteilsbegründung. Heines’ Verurteilung fiel in die Zeit einer Kampagne für die Freilassung der Fememörder; so verwies der NSDAP-Abgeordnete Wilhelm Frick am 15. Juni 1928 in einer Reichstagsrede auf Heines und nannte die Fememordprozesse den „Ausfluß eines infernalischen jüdischen Hasses gegen den Frontgeist, gegen den Geist des nationalen Widerstandes“.[10]
    Wegen eines Verfahrensfehlers wurde der Prozess gegen Heines im Februar und März 1929 neu aufgerollt. Verteidigt von Friedrich Grimm, wurde Heines nun zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. In der Urteilsbegründung hieß es, Heines sei „von der vaterländischen Wichtigkeit seiner Aufgabe durchdrungen“[11] gewesen, gegen den drohenden Verrat von Waffenlagern habe es nur das unzureichende Mittel der Umlagerung gegeben; zudem seien Ruhe und Sicherheit im Kreis Greifenhagen stark gefährdet gewesen. Am 14. Mai 1929 wurde Heines auf Beschluss des Stettiner Gerichts gegen eine Kaution von 5000 Reichsmark aus der Haft entlassen.

    Aufstieg in der NSDAP und SA

    In Freiheit trat Heines – angekündigt als „Femerichter“ – bei Veranstaltungen für die sogenannten Femegefangenen auf. So trat er etwa am 28. August 1929 als Redner mit dem Thema „Fünf Jahre Fememordhetze und kein Ende“ in Neustadt an der Aisch auf und rechtfertigte dort vor 400 Zuhörern die Tätigkeit der Femebewegung.[12] Wegen seiner Vorstrafe weigerte sich die Universität München zunächst, Heines als Jurastudenten aufzunehmen. Das Berliner Tageblatt nannte es „löblich“, „daß sich Herr Heines über die Elementarbegriffe des Rechts informieren will“,[13] hielt die Münchner Universität jedoch nicht für den geeigneten Ort.
    Noch 1929 wieder in NSDAP und SA aufgenommen, führte Heines die SA-Standarte München-Land, war 1930 NSDAP-Ortsgruppenleiter in München-Haidhausen und zudem Adjutant des Gauleiters Adolf Wagner. Bei der Wahl im September 1930 kandidierte er auf dem Reichswahlvorschlag der NSDAP und erhielt ein Mandat im Reichstag. Am 12. Mai 1932 war Heines an einem tätlichen Angriff auf den Journalisten Helmuth Klotz im Restaurant des Reichstages beteiligt.[14] Klotz war von der NSDAP zur SPD übergetreten und hatte im März 1932 Briefe Ernst Röhms veröffentlicht, die dessen Homosexualität thematisierten.[15] Heines wurde zusammen mit drei weiteren NSDAP-Abgeordneten für 30 Tage aus dem Parlament ausgeschlossen; die Sitzung musste abgebrochen werden, da sich die Ausgeschlossenen weigerten, das Plenum zu verlassen. Das Sitzungsprotokoll verzeichnet bei der Nennung von Heines’ Namen „erregte Zurufe links: Der Fememörder!“.[16] Am 14. Mai wurde Heines wie auch die NSDAP-Abgeordneten Wilhelm Stegmann und Fritz Weitzel vom Schnellschöffengericht Berlin-Mitte zu drei Monaten Gefängnis wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung und tätlicher Beleidigung verurteilt.
    Weitere Funktionen innerhalb der SA und NSDAP übte Heines nur kurzzeitig aus. So war er vorübergehend stellvertretender Gauleiter des Gaues Oberpfalz, fungierte als Referent für das Nachrichtenwesen und die Presse bei der Obersten SA-Führung (OSAF) und führte im April und Mai 1931 während der Niederschlagung der Stennes-Revolte SA-Einheiten in Berlin. Im Mai 1931 zum Stellvertreter des SA-Stabschefs Ernst Röhm ernannt, wechselte Heines zum 31. Juli 1931 nach Schlesien und übernahm die Führung der dortigen SA-Gruppe.

    Zeit des Nationalsozialismus und Tod

    Edmund Heines (rechts) und Ernst Röhm während einer Veranstaltung im Jahre 1933
    Nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ im Frühjahr 1933 wurde Heines zunächst zum Stellvertreter des schlesischen Gauleiters Helmuth Brückner ernannt. Am 11. Juli 1933 bekam er den Ehrenrang eines Preußischen Staatsrates verliehen. In der SA wurde Heines zu dieser Zeit von Röhm zum Obergruppenführer (General) befördert und mit der Führung der SA-Obergruppe VIII (Schlesien) beauftragt.
    Heines war in seiner Funktion als Polizeipräsident von Breslau, die er seit dem 26. März 1933 ausübte, maßgeblich verantwortlich für die Errichtung des Konzentrationslagers Dürrgoy, das auch als Heines’ „Privatlager“[17] bezeichnet wurde. Unter den Gefangenen in Dürrgoy war auch der vormalige sozialdemokratische Reichstagspräsident Paul Löbe (1875–1967), der im August 1933 ohne Kenntnis der Berliner Gestapo von einem Kommando der Breslauer SA entführt worden war. Als Motiv für die Entführung gelten „persönliche Rachegelüste“ Heines’, der von Löbe 1932 nach den Tätlichkeiten im Reichstag aus dem Parlament ausgeschlossen worden war.[18]
    Am 30. Juni 1934 wurde Heines im Zuge der Röhm-Affäre verhaftet und erschossen. Heines hatte sich zu einer von Hitler für den 30. Juni anberaumten SA-Führertagung im bayerischen Kurort Bad Wiessee eingefunden, wo er wie Röhm in der Pension Hanselbauer abstieg. Die Einladung erwies sich jedoch als Teil einer Finte, um die SA-Führer politisch unschädlich zu machen: Die erwartete Besprechung kam nicht zustande, stattdessen erschien in den frühen Morgenstunden des 30. Juni ein Rollkommando unter der Führung von Hitler in Bad Wiessee, das Heines und Röhm und ihre Begleiter im Schlaf überraschte und unter dem Vorwurf, einen Staatsstreich gegen Hitler geplant zu haben, verhaftete. Der Umstand, dass Heines bei der Erstürmung der Pension Hanselbauer im selben Bett mit einem anderen Mann – der später als sein Fahrer Erich Schiewek identifiziert werden konnte – angetroffen wurde, wurde später im Rahmen der propagandistischen Rechtfertigung des Vorgehens gegen die SA-Führer genutzt, indem man ihn der Öffentlichkeit gegenüber als Beleg präsentierte, dass Hitler „krankhafte Elemente“ und „Perverse“ beseitigt habe.
    Die Gefangenen wurden ins Gefängnis Stadelheim gebracht. Heines war neben Hans Hayn, Hans Peter von Heydebreck, Wilhelm Schmid, August Schneidhuber und Hans Erwin von Spreti-Weilbach einer von sechs Stadelheim-Häftlingen, die noch am selben Tag auf Anweisung Hitlers von einem von Sepp Dietrich zusammengestellten Exekutionskommando erschossen wurden. Heines' jüngerer Bruder Oskar Heines, ebenfalls SA-Mann, wurde zwei Tage später unter den gleichen Anschuldigungen erschossen.

    Persönlichkeit

    Edmund Heines (1930)
    Heines war einer der meistgefürchteten und -gehassten Männer der nationalsozialistischen Führungsriege. In der Bevölkerung war er aufgrund seiner Brutalität, Skrupellosigkeit und Sadismus berüchtigt.[19] Die Charakterurteile über ihn fallen in ihrer überwältigenden Mehrheit vernichtend aus. Ein Gericht, das Heines in den 1920er Jahren wegen einer Gewalttat zu einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilte, hielt ihm bei der Urteilsverkündung vor, ein zu Rohheitsdelikten und asozialer Einstellung neigender Mensch zu sein.[20] Der Hitler-Biograf Konrad Heiden sah in Heines ein „Scheusal“,[21] Fritz Stern, der seine Kindheit in „Heines’ Breslau“ verbrachte, erinnerte sich an den Polizeichef als einen „verabscheuungswürdigen Mann“, und der britische Journalist Sefton Delmer berichtete, dass ihn schon bei seiner ersten Begegnung mit Heines das Gefühl beschlichen habe, einem „Killer“ gegenüberzustehen.[22] Der Brite Stephen Henry Roberts schrieb wiederum: „Für Edmund Heines gibt es eine Erklärung. Mörder, Schmarotzer, Sadist und Homosexueller – nie gab es einen perverseren Burschen.“[23] Für den Karikaturisten Emery Kelen war Heines schlicht einer „jener falschkonstruierten Halbmenschen, die eine gute Welt zerstörten“.[24]
    Delmer zufolge soll Heines vor 1933 als „oberster Vollstrecker der geheimen Mordabteilung der schwarzen Reichswehr“ mindestens achtzehn Menschen getötet haben.[25] Das Regime, das Heines als SA-Oberführer von Schlesien und Polizeipräsident von Breslau in der Zeit vom Frühjahr 1933 bis zum Sommer 1934 führte, galt selbst gemessen an der mit der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ allgemein einsetzenden Willkür und Rechtlosigkeit als äußerst grausam und brutal. Das kommunistische Weißbuch über die Erschießungen vom 30. Juni 1934 verpasste ihm in diesem Sinne den Spitznamen „der blutige Herr von Breslau“. Stern erinnerte sich noch Jahrzehnte später, dass man Heines’ Tod in Breslau als Erlösung empfunden habe: „Wir freuten uns über seinen Tod“.[26] Obwohl er in der Öffentlichkeit als Mörder und Rabauke verschrien war, versuchte Heines, der seinen Opfern bevorzugt ins Gesicht geschossen haben soll, öffentlich Kapital aus seinen Taten zu schlagen. Im Reichstagswahlkampf 1932 ließ er beispielsweise Werbeplakate für seine Wahlreden mit dem Hinweis bedrucken „Der Fememörder Heines wird sprechen“.
    Während Hitler eine persönliche Abneigung gegen Heines gehegt zu haben scheint, sah Ernst Röhm ihn als einen seiner engsten persönlichen Freunde an, dem er in unerschütterlicher Treue verbunden war. Auch in den Tagebüchern von Goebbels klingt immer wieder eine gewisse Sympathie für Heines durch.
    Heines’ Verteidiger Friedrich Grimm hatte am 16. Mai 1933 den damaligen Staatssekretär Roland Freisler aufgefordert, Heines und andere ehemalige Fememörder für ihre Taten zu entschädigen, nachdem Freisler diese öffentlich zu „Helden der Nation“ erklärt hatte.[27] Im Nachlass Grimms ist folgende Charakterisierung Heines’ enthalten:
    „Heines […] hatte den Anschluss an das bürgerliche Leben verpasst […], ein unausgeglichener Mensch, voll Sturm und Drang, ein Kindskopf […]. Er war eine ausgesprochene Landsknechtnatur, für das normale Leben verdorben. Sein Hass gegen die politischen Gegner kannte keine Grenzen.“[28]
    Sehr häufig wurde von den Zeitgenossen und der Nachwelt auch das äußere Erscheinungsbild von Heines kommentiert. Heines war ungewöhnlich groß und kräftig gebaut. Kaum ein Zeugnis versäumt es, seine imposante Statur hervorzuheben, die meist mit Worten wie gewaltig oder hünenhaft versehen wird. Delmer fiel Heines bereits bei ihrem ersten Zusammentreffen als Mann mit „niedriger Stirn, hellem Kraushaar, knallblauen Augen und vollen kirschroten Lippen“ auf. Der Historiker William Shirer fasste diese kontrastiven Merkmale zu dem Profil zusammen, Heines sei ein Mann mit dem „zarten Gesicht eines Mädchens und dem Körper eines Möbelpackers“.[29] Die Reichstagsabgeordnete der SPD Toni Sender attestierte Heines die „verhärteten, rauhen Züge eines Killers“.[30]

    Homosexualität

    Außer wegen seiner Brutalität und Grausamkeit geriet Heines auch aufgrund seiner Homosexualität in die Schlagzeilen. Die sozialdemokratische Zeitung Münchener Post berichtete im April 1931 unter der Schlagzeile „Stammtisch 175“ über Röhm und seinen homosexuellen Freundeskreis in der SA und nannte dabei auch Heines’ Namen.[31] Heinrich Himmler beauftragte als Reichsführer SS im Juli 1933 einen Spitzel, Erkundungen „über die als katastrophal geschilderten Ausschreitungen“[32] von Heines, dessen Adjutanten Hans Schmidt sowie die sexuelle Orientierung des schlesischen Gauleiters Helmuth Brückner einzuholen. Die von Himmler gesammelten Informationen trugen mit zu den Exekutionslisten bei, anhand derer beim „Röhm-Putsch“ vorgegangen wurde.
    Für besonderes Aufsehen sorgte die nach den „Röhm-Morden“ von der Reichspressestelle der NSDAP verbreitete Meldung, dass das Verhaftungskommando, das Heines am 30. Juni festsetzte, ihn in seinem Zimmer in der Pension Hanselbauer gemeinsam mit einem „Lustknaben“ angetroffen habe, mit dem er ein Bett geteilt habe.[33] Die Diffamierungsabsicht und die zugrundeliegende Rechtfertigungsstrategie dieser Verlautbarungen sind leicht ersichtlich. Privatim notierten sowohl Goebbels als auch Alfred Rosenberg, unter Bezugnahme auf Hitler und Amann, was sich bei Heines' Verhaftung zugetragen habe. Rosenberg schrieb am 7. Juli 1934:
    „Im Nebenzimmer war Heines in homosexueller Betätigung. ›Das alles wollen Führer in Deutschland sein‹, sagte der Führer gequält. Heines führte eine Heulszene auf: ›Mein Führer, ich habe dem Jungen nichts getan.‹ Und der Lustknabe küßt vor Angst und Wehe seinen Liebling auf die Backe. Amann erzählt: Nie habe der Führer sich an einem Menschen vergriffen, jetzt aber hätte er den Lustknaben gepackt und voller Ekel an die Wand geschmissen. Im Korridor kommt dem Führer eine hagere Gestalt entgegen mit rot geschminkten Wangen. ›Wer sind Sie?‹ – ›Der Zivildiener des Stabchefs‹. Da packt den Führer eine Wut ohne gleichen, auf solche Weise seine S.A. beschmutzt zu sehen, er befiehlt die Lustknaben samt u. sonders in den Keller zu packen u. zu erschießen.“[34]

    Archivarische Überlieferung

    Im Geheimen Staatsarchiv haben sich die Akten zum Prozess gegen Heines wegen Mordes in den 1920er Jahren erhalten (Rep. 84a, Nr. 55029 bis 55039; 55029–55031 [Prozessakten], 55032 [Plädoyer], 55033 [Urteil], 55034–55039 [Zeitungsausschnitte zum Prozess]). Ebenfalls dort verwahrt werden Akten zu Ermittlungsverfahren gegen Heines wegen Angriffs auf den Journalisten Klotz im Jahr 1932 (Rep. 84a, Nr. 53855), wegen homosexueller Vergehen (Rep. 84a, Nr. 53856) und wegen zweier anderer Delikte (Rep. 84a, Nr. 53853 bis 53854).
    Das Bundesarchiv verwahrt eine Personalakte zu Heines als Polizeipräsident von Breslau im Bestand des ehemaligen Reichsinnenministeriums (R 1501/207173) sowie im Bestand des früheren Berlin Document Center eine Akte des Obersten Parteigerichts der NSDAP zu Heines Ausschluss aus der Partei 1927.
    Im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, Abteilung Kriegsarchiv, befinden sich die Militärpersonalakte Heines' aus dem Ersten Weltkrieg (OP 16521) sowie eine Akte der Münchener Polizei zu Heines (II M Inn 71525). Und im Staatsarchiv München liegt eines Vormundschaftsakte zu Heines und seinen Geschwistern (Edmund Heines, AG München IA, VV 1904/592).

    Veröffentlichungen

    Als Herausgeber
    • Schlesisches SA-Liederbuch, Breslau 1932.
    • Luftschutz. Die deutsche Schicksalsfrage, Stuttgart 1934.
    Reden:
    • „Heines' letzte Rede: 'Wir sind noch nicht zu Ende...'“, in: Pariser Tageblatt, Jg. 2. 1934, Nr. 228 (28. Juli 1934), S. 2.

    Literatur

    • Wolfgang Mück: NS-Hochburg in Mittelfranken: Das völkische Erwachen in Neustadt an der Aisch 1922–1933. Verlag Philipp Schmidt, 2016 (= Streiflichter aus der Heimatgeschichte. Sonderband 4); ISBN 978-3-87707-990-4, S. 257.
    • Joachim Lilla (Bearb.): Die Stellvertretenden Gauleiter und die Vertretung der Gauleiter der NSDAP im „Dritten Reich“ (= Materialien aus dem Bundesarchiv. Heft 13). Koblenz 2003, S. 218f. ISBN 3-86509-020-6.
    • Walter Tausk: Breslauer Tagebuch 1933–1940. Herausgegeben von Ryszard Kincel, Wolf Jobst, Siedler Verlag, Berlin 1988, ISBN 3-88680-274-4.
    • Hubert Schorn: Der Richter im Dritten Reich. Vittorio Klostermann, Frankfurt 1959, S. 68 u. 70.
    • Bernhard Sauer: Goebbels „Rabauken“. Zur Geschichte der SA in Berlin-Brandenburg. (PDF; 6,5 MB). In: Jahrbuch des Landesarchivs Berlin. 2006
    • Alexander Zinn: Die soziale Konstruktion des homosexuellen Nationalsozialisten. Zu Genese und Etablierung eines Stereotyps. Peter Lang, Frankfurt am Main 1997, ISBN 978-3-631-30776-2. (Volltext, PDF)

    Weblinks

    Einzelnachweise


  2. Vormundschaftsakten im Staatsarchiv München: Edmund Heines, AG München IA, VV 1904/592.

  3. Auszug aus den Deutschen Verlustlisten (Bayer. 231) vom 4. November 1915, S. 9880.

  4. Bayerisches Hauptstaatsarchiv IV, z. B. Kriegsstammrolle Nr. 13335.

  5. Bernhard Sauer: Schwarze Reichswehr und Fememorde. Eine Milieustudie zum Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik. Metropol-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-936411-06-9, S. 31 f. Siehe auch Martin Schuster: Die SA in der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ in Berlin und Brandenburg 1926−1934. Dissertation TU Berlin 2005, S. 21.

  6. Irmela Nagel: Fememorde und Fememordprozesse in der Weimarer Republik. Böhlau Verlag, Köln 1991, ISBN 3-412-06290-1, S. 57 f. Siehe auch Sauer: Schwarze Reichswehr und Fememorde. 2004, S. 37 f.

  7. Tessa Sauerwein: Schilljugend, 1924–1933. In: Historisches Lexikon Bayerns (Stand 29. Mai 2008).

  8. Paul Hoser: Sturmabteilung (SA), 1921–1923, 1925–1945. In: Historisches Lexikon Bayerns (Stand 30. April 2008).

  9. Vorwärts Nr. 39 vom 21. Januar 1928, zitiert bei Nagel: Fememorde und Fememordprozesse in der Weimarer Republik. 2004, S. 245.

  10. Vossische Zeitung Nr. 181 vom 17. April 1928, zitiert bei Nagel: Fememorde und Fememordprozesse in der Weimarer Republik. 2004, S. 248. Ebenda S. 244–257 zum ersten Stettiner Prozess.

  11. Protokoll der Reichstagssitzung bei der Bayerischen Staatsbibliothek, siehe auch Nagel: Fememorde und Fememordprozesse in der Weimarer Republik. 2004, S. 342.

  12. zitiert nach Nagel: Fememorde und Fememordprozesse in der Weimarer Republik. 2004, S. 277.

  13. Wolfgang Mück: NS-Hochburg in Mittelfranken: Das völkische Erwachen in Neustadt an der Aisch 1922–1933. Verlag Philipp Schmidt, 2016 (= Streiflichter aus der Heimatgeschichte. Sonderband 4); ISBN 978-3-87707-990-4, S. 83 und 86.

  14. Berliner Tageblatt vom 10. Juli 1929, zitiert nach Nagel: Fememorde und Fememordprozesse in der Weimarer Republik. 2004, S. 348.

  15. Herbert Linder: Von der NSDAP zur SPD. Der politische Lebensweg des Dr. Hemuth Klotz (1894–1943) (= Karlsruher Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus. Band 3). Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 1995, ISBN 3-87940-607-3, S. 174 ff. Mitteilung in der Reichstagssitzung durch Reichstagspräsident Paul Löbe, siehe Protokoll der Reichstagssitzung vom 12. Mai 1932.

  16. Burkhard Jellonnek: Homosexuelle unter dem Hakenkreuz. Die Verfolgung von Homosexuellen im Dritten Reich. Schöningh, Paderborn 1990, ISBN 3-506-77482-4, S. 67; Linder: Von der NSDAP zur SPD. 1995, S. 168 ff.

  17. Protokoll der Reichstagssitzung vom 12. Mai 1932.

  18. Andrea Rudorff: Breslau-Dürrgoy. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 2: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. C.H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52962-3, S. 83–86, hier S. 84.

  19. Rudorff: Breslau-Dürrgoy. 2005, S. 85.

  20. Den Sadismus schrieben ihm beispielsweise zu Tausk: Breslauer Tagebuch. 1988, S. 83 („der Sadist Edmund Heines“); Delmer: Die Deutschen und ich. 1962 („sadist pretty boy face“).

  21. Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Band 50, 2001, S. 13.

  22. Konrad Heiden: Adolf Hitler. S. 376.

  23. Delmer: Die Deutschen und Ich. 1962, S. 110.

  24. Stephen Henry Roberts: Das Haus, das Hitler baute. Querido, Amsterdam 1938, S. 162.

  25. Emery Kelen: Alle meine Köpfe. Begegnungen mit den Grossen und Kleinen unserer Zeit. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1965, S. 132.

  26. Delmer: Die Deutschen und Ich. 1962, S. 110.

  27. Fritz Stern: Für Deutschland und ein Leben, S. 138.

  28. Sauer: Schwarze Reichswehr und Fememorde. 2004, S. 283.

  29. Unterlagen in Grimms Nachlass im Bundesarchiv (BAK N 1120/3: Lebenserinnerungen eines deutschen Rechtsanwalts, Bd. V: Um die innere Befriedung, S. 25–29), zitiert bei Sauer: Schwarze Reichswehr und Fememorde. 2004, S. 27.

  30. William L. Shirer: The Rise and Fall of the Third Reich. 1990, S. 221. Frank Rector: The Nazi Extermination of Homosexuals. 1981, S. 89 spricht ganz ähnlich von einem mädchenhaften Gesicht auf dem Körper eines Lastwagenfahrers („distinguished by a girlish face on the body of a truck driver“) und fügt hinzu, dass er elegant, geschmeidig und tadellos gepflegt gewesen sei („elegant, suave, and impeccably groomed killer“).

  31. Toni Sender: The Autobiography of a German Rebel. 1939, S. 277 („hardened, brutish features of a killer“).

  32. Münchener Post vom 14. April 1931 (Nr. 85), auszugsweise zitiert bei Jellonnek: Homosexuelle unter dem Hakenkreuz. 1990, S. 62.

  33. Jellonnek: Homosexuelle unter dem Hakenkreuz. 1990, S. 96.

  34. „Eine Erklärung der Reichspressestelle der NSDAP“, nachgedruckt in der Sondernummer des Völkischen Beobachters vom 1. Juli 1934, S. 1. Zitiert nach Jellonnek: Homosexuelle unter dem Hakenkreuz. 1990, S. 97.

  35. Hans-Günther Seraphim (Hrsg.): Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs. 1934/35 und 1939/40. Dokumentation, München 1964, S. 45.